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Corporate Dementia - Wenn Unternehmen nicht mehr wissen, was sie wissen!



Können Unternehmen dement werden? Die Antwort lautet: Ja, sie können!

Wissen ist einer der wichtigsten Faktoren im globalen digitalen Wettbewerb. Wie erfolgreich ein Unternehmen in Zukunft sein wird, hängt deshalb entscheidend davon ab, wie gut ihm das Management dieser wertvollen Ressource gelingt. Denn Organisationen, die ihr erfolgskritisches Know-how nicht professionell managen, leiden an einem ernst zu nehmenden Problem.

Im Vergleich zu Wettbewerbern, die über ein organisationales Lernmanagement verfügen, lernen diese Firmen nämlich nicht aus ihren Fehlern und begehen sie deshalb immer wieder. Genau das macht diese Unternehmen aber auch weniger agil, denn Fehler kosten wertvolle Zeit, die die besser aufgestellte Konkurrenz bereits gewinnbringend zur Optimierung ihrer Prozesse oder zur Entwicklung von Innovationen genutzt hat.

Außerdem verschwenden Unternehmen ohne strukturiertes Lernmanagement bares Geld. So dauert es bei ihnen zum Beispiel länger, bis ein neuer Mitarbeiter die internen Abläufe beherrscht und zum wirtschaftlichen Erfolg beiträgt. Laut einer Studie von KPMG entstehen Unternehmen Kosten von jährlich bis zu 500.000 Euro, wenn der Knowledge-Transfer zu lange dauert oder gar nicht gelingt.

Ein Merkmal unserer heutigen Gesellschaftsform ist, dass Wissen zur zentralen Ressource geworden ist. Zwar sind andere Güter wie Kapital und Rohstoffe natürlich noch immer sehr wichtig, dennoch wird Wissen immer mehr zum bestimmenden Erfolgsfaktor – für Menschen ebenso wie für Unternehmen. Auch die Wirtschaft hat sich in Richtung einer Wissensökonomie entwickelt. Die Arbeit wird damit zunehmend zur Wissensarbeit: So setzen viele Tätigkeiten heute nicht nur Fachwissen voraus, sondern auch die Fähigkeit, sich gezielt auszutauschen und ständig dazuzulernen. Denn einerseits ist die Halbwertszeit von Fachwissen heute vergleichsweise gering. Andererseits sind viele Aufgaben derart komplex, dass die Erfahrung einzelner Menschen nicht mehr ausreicht, um sie zu bewältigen.



Wie können Unternehmen dem Wissensverfall entgegenwirken?

Das reine Ablegen von Informationen auf Laufwerken, Servern oder Intranets springt da deutlich zu kurz. Nicht umsonst werden diese formalen Ablagestätten als „Datenfriedhöfe“ bezeichnet. Wirkliches Wissen entsteht erst durch Vernetzung. Menschen verknüpfen unterschiedliche Informationen mithilfe von Vor- und Erfahrungswissen, interpretieren es und machen es nutzbar. Wissen ist somit also kontext- und erfahrungsabhängig.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen „explizitem“ und „implizitem“ Wissen. Beim expliziten Wissen oder auch „Embrained Knowledge“ handelt es sich um Faktenwissen, wie es in Lehrbüchern, Arbeitsanweisungen oder Organigrammen zu finden ist. Es lässt sich verhältnismäßig einfach teilen. Implizites Wissen oder „Embodied Knowledge“ umfasst hingegen alles, was wir durch Erfahrung gelernt haben. Die Weitergabe dieser Art von Know-how ist erheblich schwieriger, da seinem Träger oft gar nicht bewusst ist, warum er etwas besonders gut kann – etwa, wenn ein Vertriebsmitarbeiter „spürt“, welche Taktik ihm den ersehnten Abschluss bringt. Damit dieses Können weitergegeben und von anderen genutzt werden kann, muss implizites in explizites Wissen umgewandelt werden.


Modernes Lernmanagement konzentriert sich vor allem auf das implizite Wissen

Modernes Lernmanagement beschäftigt sich daher auch verstärkt mit der Nutzung impliziten Wissens, denn vor allem das implizite Erfahrungswissen ist für Unternehmen eine bedeutsame Quelle für Innovationen, Prozessoptimierungen und Wettbewerbsvorteile. Denn je komplexer eine Aufgabe ist, desto mehr implizites Wissen erfordert die Lösung dieser Aufgabe.

Soll dieses Wissen nicht mehr nur im Kopf eines einzelnen Angestellten vorhanden sein, sondern teamübergreifend nutzbar werden, benötigen Organisationen dafür eine gut durchdachte Strategie. Diese zu entwickeln, bedeutet zwar einigen Aufwand, doch es lohnt sich. Schließlich können Unternehmen und Organisationen erst mit einem strategischem Lernmanagement vorhandene Know-how-Potenziale für ihre Ziele einsetzen und effizient auf neue Herausforderungen reagieren.


Die richtige Strategie: Wissensfelder definieren und aufbauen

Zum Aufbau von strategischem Lernmanagement ist es deshalb zunächst erforderlich, vom eigenen Bedarf ausgehend die Kompetenzfelder festzulegen, in denen strategisch wichtiges Wissen aufgebaut und geteilt werden soll. Anschließend können die Prozesse definiert und aufgesetzt werden, mit denen sich das nötige Know-how systematisch identifizieren, heben, speichern und unternehmensweit nutzen lässt.


Damit modernes Lernmanagement in der Praxis erfolgreich ist, muss ein Unternehmen seinen Beschäftigten das Wissen bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Das häufig praktizierte Sammeln von Unternehmenswissen in Dokumenten-Managementsystemen führt genauso wenig zum Ziel wie der bloße Zukauf von großen Kurssammlungen. In beiden Fällen fehlt die notwendige Einordnung in den Anwendungskontext sowie der Zuschnitt auf die Rollen der Mitarbeiter.

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist daher das Etablieren einer organisationsweiten Lernbereitschaft. Menschen lernen nicht von sich aus, sondern brauchen einen konkreten Anlass. Dieser kann zum beispielsweise in der Steigerung des eigenen Marktwertes am Arbeitsmarkt liegen, oder in der Aufrechterhaltung der Wissensträgerschaft in der eigenen Organisation. Auf jeden Fall braucht es einen konkreten Sinn und Zweck, um Menschen zum Lernen zu motivieren.


Das Sicherstellen einer Lernfähigkeit beruht auf der zielgruppenorientierten Aufbereitung des Lernangebots. Ähnlich wie bei der Kundenorientierung muss auch beim internen Lernangebot eine spezifische Orientierung nach individuellen Lernpräferenzen bzw. Lerngewohnheiten erfolgen. Während ein Teil der Mitarbeiter lieber selbstorganisiert lernt, bevorzugt ein anderer Teil eher die strukturierte Führung durch einzelne Lernkapitel. Blended Learning wiederum kombiniert das virtuelle Lernen mit Präsenzunterricht.

Entscheidend am Ende ist der Lernerfolg. Und dieser zeigt sich vor allem bei der Frage, wie das Erlernte in den beruflichen Alltag eingebracht werden kann. Nur wenn das Erlernte auch in der Praxis Anwendung findet, wird sich eine unternehmensweite Motivation zur Fortbildung sowie Kollaboration auch dauerhaft etablieren lassen.


Modernes Lernmanagement braucht eine wissensfördernde Kultur

Erfolgreiches Lernmanagement ist damit nicht nur eine Frage der richtigen Technik und der richtigen Ausstattung. Es setzt außerdem bei der gesamten Belegschaft die Bereitschaft voraus, Know-how mit anderen zu teilen und ständig dazuzulernen. Das kann dort schnell zum Problem werden, wo der Besitz von Know-how der eigenen Profilierung dient oder gar als Garant für die Arbeitsplatzsicherung gesehen wird. In der Praxis besteht die größte Herausforderung deshalb auch im Aufbau einer entsprechenden Unternehmenskultur, die die Mitarbeiter dazu motiviert, ihr Know-how aktiv weiterzugeben.


Dem Lernen muss daher vom Management auch der entsprechende Platz eingeräumt werden. Und das sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher Hinsicht. Denn wenn die alltägliche Arbeit keine Zeit für das Lernen erlaubt, dann wird es vermutlich schwer mit dem Lernen. Lernen wird somit zu einem integrativen Bestandteil der Aufgabenbeschreibung und in den täglichen Arbeitsablauf integriert werden.


Darüber hinaus darf Lernen nicht als lästige Pflicht wahrgenommen werden. Wissensvermittlung und Weiterbildung kann und muss Spaß machen. – Gamification, Game-Based Learning oder Serious Business Games bieten eine einzigartige Lernerfahrung und völlig neue Möglichkeiten, das Gelernte auch in die Praxis umzusetzen. Die Verantwortlichen in den Organisationen sind angehalten, sich mit den modernen Formaten der Wissensvermittlung zu beschäftigen und entsprechende Angebote für die Mitarbeiter zu schaffen.


Modernes Lernmanagement muss das selbstorganisierte Lernen fördern

Wenn sich Mitarbeiter verstärkt einbringen sollen, benötigen sie den entsprechenden Freiraum, um sich ihren Interessen entsprechend weiterzubilden und ihre Kreativität zu entfalten. Nur so entstehen neue Produktideen oder Verbesserungsvorschläge und eine dynamische Lern- und Lehrkultur wird gefördert.


Mit Beginn der Pandemie hat das selbstorganisierte sowie kollaborative Lernen einen zusätzlichen Schub erhalten. Learning Management Systeme (LMS), Collaborative and Social Learning (CSL) und Massive Open Online Courses (MOOC) sind Trends, die sich in den letzten Jahren stark etabliert haben. Selbstgesteuertes Lernen wird relevanter, deshalb müssen die Nutzer mehr Verantwortung über den Lernprozess gewinnen und für sie relevante Lerninhalte auch selbst auswählen können.


Virtuelle Kollaboration fördert den zwischenmenschlichen Wissenstransfer

Besonders wenn es um die Vermittlung des impliziten Wissens geht, also der Weitergabe von Erfahrungswerten, braucht es vielfach ganz neue Wege. Denn dieses Wissen lässt sich nicht einfach in Ordnern oder Präsentationen ablegen, sondern es muss im persönlichen Dialog vermittelt werden.


Dazu bedarf es aber zuallererst einmal der Identifikation der Wissensträger. Viel zu selten verfügt das Unternehmen über eine ausreichende Transparenz über das Wissens- und Erfahrungspotential ihrer Mitarbeiter. Und viel zu häufig fällt das Fehlen dieses Wissens erst auf, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen schon verlassen hat. Die strukturierte Erfassung von Wissen und Erfahrung gehört somit obligatorisch in jedes Mitarbeitergespräch.


Eine solche Wissensstrukturierung hilft dann auch beim Aufsetzen entsprechender Expert Groups. Denn wenn Transparenz über Wissen und Wissensträger herrscht, können die entsprechenden Ressourcen viel schneller in Projekte eingebunden und deren Expertise für das Team viel effizienter nutzbar gemacht werden. Und auch hier entfalten moderne, virtuelle Formate der Zusammenarbeit ihr ganz spezifisches Potential. Denn, während das physische Zusammenführen von Mitarbeitern aufgrund von Terminkollision und räumlicher Entfernung immer wieder scheitert, lassen sich virtuelle Teamsessions wesentlicher einfacher organisieren.


Die Organisation als Lerneinheit

Mitarbeiter lernen zwar als Individuen, entscheidend für eine lernende Organisation ist aber, dass sowohl das erlernte als auch das bereits vorhandene Wissen aufbereitet und für jeden Mitarbeiter der Organisation zugänglich gemacht wird. Ziel der Organisation ist es also nicht nur das Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter zu erweitern, sondern ein organisatorisches Gedächtnis aufzubauen.


Dadurch wird ebenfalls sichergestellt, dass einzelne Mitarbeiter nicht nur Wissenssilos darstellen, sondern dass sie erlernen, verschiedene Aufgaben zu übernehmen und sich flexibel in neue Arbeitsstrukturen zu integrieren. Auf diese Weise erhöht die Organisation sowohl ihre interne Agilität, als auch ihre nach außen gerichtete Flexibilität.

Am Ende hilft ein modernes Lernmanagement die intellektuelle Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Sowohl die der Mitarbeiter als auch die der Organisation!



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